Was ist HIV?

Was ist HIV? Wie wird HIV behandelt? Mit wem rede ich über die Diagnose – und wie? Hier gibt es Antworten auf diese und weitere Fragen zum Leben mit HIV. Sie finden außerdem Hinweise auf Unterstützungsangebote und Anlaufstellen.

Leben mit HIV: Positive Vorbilder

Menschen mit HIV können meistens gut und lange leben. Das ist möglich, weil es mittlerweile sehr effektive Behandlungen gibt. Werden die Medikamente regelmäßig und lebenslang eingenommen, ist eine HIV-Infektion nicht ansteckend, auch nicht beim Sex. Die Behandlung sollte möglichst frühzeitig beginnen. Regelmäßige ärztliche Kontrollen dienen dazu, Menschen mit einer HIV-Infektion zu begleiten und zu betreuen. Trotz dieser positiven Aussichten erfahren Menschen mit HIV oft Stigmatisierung und Diskriminierung, nicht zuletzt im Gesundheitswesen. In diesem Artikel erfahren Sie Hintergründe zu HIV und dem Umgang damit.

Was ist HIV?

HIV ist eine Abkürzung und steht für die englische Bezeichnung Human Immunodeficiency Virus, auf Deutsch humanes Immunschwäche-Virus. Die HI-Viren zählen zu den sogenannten Retroviren. Sie vermehren sich in einer bestimmten Form von Immunzellen, den sogenannten CD4-Zellen, einer infizierten Person. Die Infektion verläuft in der Regel zunächst unbemerkt, da sie keine oder nur unspezifische Symptome hervorruft. So kann es passieren, dass die Diagnose manchmal erst Jahre nach der Infektion gestellt wird.

Ohne Behandlung greifen die HI-Viren im Laufe der Zeit das Immunsystem einer infizierten Person immer stärker an. Der Körper kann Krankheitserreger wie Bakterien und Viren immer schlechter abwehren. Meist dauert es mehrere Jahre, bis die Schwächung des Immunsystems durch HIV sich deutlich bemerkbar macht. Diese Phase der Erkrankung wird als Aids bezeichnet. Auch dabei handelt es sich um eine Abkürzung, die für Acquired Immune Deficiency Syndrome steht, auf Deutsch erworbenes Immunschwäche-Syndrom. Für Menschen mit Aids stellen auch Erkrankungen, die ansonsten nicht lebensbedrohlich sind, eine ernste Gefahr dar.

Ursprünglich ist die HIV-Infektion bei Menschen wahrscheinlich eine sogenannte Zoonose. Das bedeutet, die Erkrankung wurde von Tieren auf den Menschen übertragen. Vermutlich ereignete sich das bereits vor etwa 100 Jahren. Erstmals beschrieben wurde das Krankheitsbild Aids jedoch erst 1981.

Eine Infektion erkennen: HIV-Tests

Die Diagnose von HIV erfolgt mithilfe von Tests. Anonyme Tests sind bei Gesundheitsämtern, Aidshilfen oder Checkpoints möglich. Auch Arztpraxen testen natürlich, hier ist das Ergebnis aber nicht anonym. Sich testen zu lassen, ist in jedem Fall sinnvoll: Sorgen können sich als unbegründet entpuppen, wenn keine Infektion vorliegt. Sollte doch eine Ansteckung stattgefunden haben, kann zeitnah eine Behandlung beginnen.

In Apotheken, Drogerien, im Internet oder bei den Aidshilfen sind HIV-Selbsttests erhältlich. Die Selbsttests lassen sich unkompliziert zu Hause durchführen. Ein wenig Blut aus der Fingerkuppe genügt und nach etwa 15 Minuten liegt ein Ergebnis vor. Selbsttests sollten eine CE-Kennzeichnung aufweisen, das spricht für ihre Qualität. Doch Achtung: Die Selbsttests können auch falsch positive Ergebnisse liefern. Das bedeutet, dass ein Testergebnis positiv ausfällt, obwohl keine Infektion vorliegt. Sollte ein Selbsttest eine Infektion anzeigen, ist es für einen gesicherten Nachweis notwendig, nochmals eine Blutprobe im Labor testen zu lassen.

Wichtig ist: HIV-Tests weisen Antikörper nach, die erst eine gewisse Zeit nach einer Infektion auftreten. Labortests können eine HIV-Infektion frühestens nach 6 Wochen nachweisen. Bei Selbsttests dauert es sogar 12 Wochen.

Diagnose HIV: Was nun?

Natürlich verändert eine HIV-Diagnose das Leben. Aber das Wichtigste ist: HIV lässt sich behandeln. Heutzutage müssen sich Menschen mit HIV in Deutschland in der Regel keine Sorgen um ihre Lebenserwartung, Lebensqualität und Leistungsfähigkeit machen.

Menschen mit einer kürzlich diagnostizierten HIV-Infektion sollten sich zeitnah beraten lassen. Die Aidshilfen sowie HIV-Schwerpunktärztinnen und -ärzte können Antworten auf viele Fragen und umfassende Informationen bieten. Die Betreuung einer HIV-Infektion erfolgt in HIV-Schwerpunktpraxen und Ambulanzen, die es in ganz Deutschland gibt.

Neben den unmittelbaren medizinischen Fragen tauchen meist viele Punkte auf, die das Zusammenleben mit anderen Menschen betreffen. Dann können die Erfahrungen von Menschen, die schon länger mit HIV leben, hilfreich sein.

Erste Schritte nach einer HIV-Diagnose:

  • sich beraten lassen (zum Beispiel bei einer Aidshilfe, die es in allen größeren Städten gibt)

  • medizinische Unterstützung suchen (zum Beispiel in einer HIV-Schwerpunktpraxis)

  • zeitnah eine Behandlung beginnen

  • bei Bedarf Kontakt mit Menschen aufnehmen, die bereits länger mit HIV leben (Kontakt über Selbsthilfegruppen oder Aidshilfe)

Wie wird HIV behandelt?

HIV lässt sich meist gut und effektiv behandeln. Ziel der Behandlung ist es, die Anzahl der Viren im Körper möglichst gering zu halten und dadurch eine gute Gesundheit zu erhalten. Aktuell ist es nicht möglich, HIV zu heilen. Aber eine frühzeitige Behandlung kann verhindern, dass Aids entsteht. Sollte die Infektion erst spät erkannt werden und das Immunsystem bereits geschädigt sein, so können HIV-Medikamente das Immunsystem schützen und stärken.

Wie wird mit Medikamenten behandelt?

Die Behandlung mit Medikamenten richtet sich gegen die HI-Viren, die zu den Retroviren zählen. Deshalb spricht man auch von einer antiretroviralen Therapie (ART). Es gibt viele verschiedene Wirkstoffe, die zur Behandlung von HIV geeignet sind. In der Regel werden mehrere Medikamente miteinander kombiniert (Kombinationstherapie). Die unterschiedlichen Wirkstoffe greifen die HI-Viren auf verschiedene Weise an. Die meisten Medikamente sind gut verträglich. Sollten Nebenwirkungen auftreten, so ist ein Wechsel auf andere Wirkstoffe möglich. Auch im seltenen Fall, dass eine Therapie nicht ausreichend wirkt, wird auf andere Wirkstoffe umgestellt.

Die Behandlung mit Medikamenten muss dauerhaft und regelmäßig erfolgen: Es ist nötig, jeden Tag eine Kombinationstablette einzunehmen. Inzwischen gibt es auch sogenannte Injektionstherapien, bei denen Medikamente alle zwei Monate in den Pomuskel gespritzt werden. Dann ist keine zusätzliche Tabletteneinnahme nötig. Gute Absprachen mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt sind wichtig. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist ein vertrauensvolles Verhältnis sehr hilfreich.

Die Behandlung sollte in einer HIV-Schwerpunktpraxis oder einer HIV-Ambulanz erfolgen. Dort gibt es viel Wissen und Erfahrung zur Therapie, zur Bestimmung von Laborwerten und zu den notwendigen Kontrolluntersuchungen. Es ist bekannt, dass bestimmte Erkrankungen bei Menschen mit HIV häufiger auftreten oder ungünstiger verlaufen. Daher sind sowohl Impfungen als auch bestimmte regelmäßige Gesundheits-Checks empfohlen.

HIV und Sex

HIV wird von Mensch zu Mensch weitergegeben. Am häufigsten erfolgt eine Infektion durch ungeschützte Sexualkontakte. Sperma, Vaginalflüssigkeit, Blut oder der Flüssigkeitsfilm auf der Darmschleimhaut enthalten HI-Viren. Ist eine hohe Anzahl an Viren in diesen Flüssigkeiten enthalten, so kann es bei sexuellen Kontakten zu einer Infektion über die Schleimhäute im Enddarm, am Penis, am Gebärmutterhals und in der Vagina kommen.

Liegen andere sexuell übertragbare Erkrankungen wie Tripper (Gonorrhoe), Syphilis oder Chlamydien vor, so erhöhen sie das Risiko für eine HIV-Infektion. Diese Erkrankungen greifen die empfindlichen Schleimhäute im Genitalbereich an, was die Übertragung begünstigt.

Anders sieht es mit der Schleimhaut im Mund aus. Sie ist sehr robust. Daher ist das Infektionsrisiko über die Mundschleimhaut sehr gering, auch beim Oralverkehr. Küssen stellt kein Risiko dar.

HIV ist NICHT ansteckend über: Speichel, Tränenflüssigkeit, Tröpfcheninfektion (wie beim Husten oder Niesen), Insektenstiche, Nahrungsmittel oder Trinkwasser. Im Alltag, also beim Sport, in der Sauna, beim Umarmen oder beim Händeschütteln, besteht kein Infektionsrisiko.

Insbesondere eine erfolgreiche Therapie wirkt sich auf die Übertragbarkeit von HIV aus: Eine Therapie gilt dann als erfolgreich, wenn die Anzahl an Viren im Körper so gering ist, dass diese nicht mehr relevant nachweisbar sind – sich also unter der Nachweisgrenze befinden. Das bedeutet, dass weniger als 20 Viruskopien pro Milliliter Blut nachweisbar sind. Menschen mit HIV unter erfolgreicher Therapie sind nicht infektiös und verbreiten HIV nicht weiter, auch nicht beim Sex.

Für Menschen ohne HIV gibt es die Möglichkeit, sich durch Medikamente vor einer Infektion zu schützen. Die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) kann vor möglicherweise riskanten sexuellen Kontakten eingenommen werden.

Es gibt drei Säulen der Prävention:

  • eine erfolgreiche Therapie des HIV-positiven Menschen (TasP = treatment as prevention)

  • Kondome und Femidome („Kondome für Frauen“)

  • PrEP (Präexpositionsprohylaxe)

Sollte es zu einem Sexualkontakt mit einer infektiösen Person kommen, können HIV-Medikamente helfen, die sogenannte Postexpositionsprophylaxe (PEP). Sie ist in jeder Klinikambulanz und HIV-Schwerpunktpraxis erhältlich. Eine PEP sollte nach Risikoabwägung so schnell wie möglich begonnen werden, spätestens nach 72 Stunden.

Umgang mit Freunden, Familie und Arbeitskontakten

Für Menschen mit HIV stellt sich die Frage: Mit wem rede ich über meine Infektion?

Ist die Information geteilt, kann man sie nicht zurücknehmen. Somit sollte das Mitteilen der Infektion gut überlegt werden. Hier kann ein Beratungsgespräch mit einer Vertrauensperson sehr hilfreich sein. Menschen mit HIV-Infektion sind niemandem gegenüber verpflichtet, die Infektion offenzulegen. Insbesondere gegenüber Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern besteht keine Auskunftspflicht.

Menschen mit HIV erleben leider nach wie vor Benachteiligungen aufgrund ihrer Infektion. Das kann im privaten Umfeld unter Freunden und Familie passieren, im Gesundheitswesen, auf der Arbeit oder bei Behörden. Wenn Menschen Diskriminierung wegen einer HIV-Infektion erfahren, bieten verschiedene Anlaufstellen Hilfe an. Es gibt zum Beispiel die Kontaktstelle gegen HIV-bezogene Diskriminierung der Deutschen Aidshilfe. Auch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bietet Soforthilfe bei Problemen.

Unterstützungsangebote und Ansprechpersonen

Aktuell leben in Deutschland rund 90.000 Menschen mit HIV – etwa so viele Menschen, wie in der Stadt Tübingen leben. Das bedeutet, es gibt viel Erfahrung im Leben und Umgang mit HIV in Deutschland. Engagierte Menschen haben in den letzten Jahrzehnten gute Unterstützungs- und Beratungsangebote aufgebaut:

Die Deutsche Aidshilfe bietet online umfangreiche Informationen. Auch persönliche Beratungstermine bei einer lokalen Aidshilfe sind möglich. Hier lassen sich außerdem Kontakte knüpfen zu anderen Menschen mit HIV, um Informationen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bietet eine telefonische Beratung zu HIV an.

Quellenangaben

Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), Deutsche Aidsgesellschaft (DAIG), Österreichische AIDS-Gesellschaft. S2k-Leitlinie: Deutsch-Österreichische Leitlinie zur antiretroviralen Therapie der HIV-1-Infektion. Version 8 vom 03.09.2020. Abgerufen am 01.08.2023 von https://register.awmf.org/assets/guidelines/055-001l_Antiretrovirale_Therapie_der_HIV_Infektion__2021-06.pdf

Bundesministerium für Gesundheit. AIDS und HIV. Abgerufen am 28.08.2023 von https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/a/hiv-und-aids.html

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Robert Koch-Institut (Hrsg.). HIV-Infektion/AIDS. RKI-Ratgeber. Abgerufen am 28.08.2023 von https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_HIV_AIDS.html

Robert Koch-Institut (Hrsg.). Antworten auf häufig gestellte Fragen zur HIV-Infektion und AIDS. Abgerufen am 28.08.2023 von https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/HIVAids/FAQ-Liste.html

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